So feiern Rhein-Mains Heiden das Osterfest

Region Rhein-Main – Während an Ostern Christen die Auferstehung des Herrn preisen, feiern Rhein-Mains Heiden an einer Quelle tief in den Wäldern ihr ganz eigenes Frühlingsfest. Druide Volkert Volkmann gewährt einen Einblick in die mystische Zeremonie.

Von Christian Reinartz

Druide Volkert Volkmann spielt im Wald auf der Harfe. © Privat

Die Christen feiern Ostern, die Heiden Ostara. Wenn Volkert Volkmann das hört, regt sich der Druide in ihm. Und er beginnt zu erklären, warum das heidnische Fest Ostara eigentlich gar nichts mit Ostern zu tun hat und falsch interpretiert wird. Er hat das schon oft gemacht. „Oft hört man, dass unser Fest nach der angeblichen Frühlingsgöttin Ostara benannt ist. Aber das ist historisch nicht belegt. Wir nennen das Fest auch Brigid (keltische Frühlingsgöttin) oder Frühlingsäquinox, und es beginnt mit der Tages und Nachtgleiche um den 21. März herum.“ Für die Heiden ist das der Punkt, an dem das Licht im Kampf mit der Dunkelheit wieder die Oberhand gewinnt.

Der Frühling ist eingeleutet. Das eigentliche „Osterfest“ feiern die Heiden im Rhein-Main-Gebiet bei Vollmond vor Ostern. Das war am vergangenen Dienstag. Und dann wird‘s richtig mystisch. „Wir treffen uns vor Sonnenaufgang und wandern gemeinsam durch den Wald zu einer geheimen Quelle“, sagt Volkert Volkmann. Er ist Deutschlands ranghöchster Druide und wohnt im Taunus – inklusive Naturheilpraxis und Kulthalle (Keltisch: Nemeton). Das besondere an der prozessionsähnlichen Wanderung: Alle Teilnehmer sprechen an diesem Morgen kein einziges Wort.

Auf das Innere konzentrieren

Mit dabei haben die Wanderer Tannen-, Kirsch- und Birkenzweige. Die werden später für ein Ritual gebraucht. Die Frauen schmücken sich mit Blumenkränzen. Eine von Ihnen wird aber besonders hergerichtet. Sie übernimmt die Rolle der Frühlingsprinzessin. Schweigend bewegt sich der Tross immer tiefer ins Dickicht der Taunus-Wälder. „Das ist wichtig, damit sich jeder auf sein Inneres konzentrieren kann und nicht abgelenkt wird“, erklärt Volkmann. Bei der geheimen Quelle angekommen, beginnt dann die eigentliche Zeremonie – die Schöpfung des Osterwassers. Dabei schöpft die Prinzessin mit einem Krug frisches Quellwasser – und zwar in Fließrichtung. Dieses Wasser wird dann an die Teilnehmer verteilt.

Sinnbild absoluter Reinheit

„Viele bringen sich Flaschen mit, um das Wasser das ganze Jahr über aufzuheben“, sagt Volkmann. „Dieses Wasser ist etwas ganz besonderes, weil wir es für Segnungen und bestimmte Rituale benötigen. Es ist das Sinnbild der absoluten Reinheit.“ Erst, wenn das letzte Gefäß gefüllt, der letzte Tropfen ausgeschenkt ist, dürfen die Teilnehmer wieder sprechen. „Dann singen wir gemeinsam keltische Lieder und tanzen an der Quelle“, sagt Volkmann. Danach gibt es zur Stärkung ein Frühstückspicknick. Auch die Zweige kommen dann zum Einsatz. Sie werden gegenseitig verschenkt. „Wobei jeder Zweig eine Bedeutung hat.“

Ein Tannenzweig etwa sei ein sehr gutes Zeichen, das dem anderen sagen soll, dass er so wie er ist, in Ordnung ist. Ein Kirschzweig dagegen sei ein kleiner Hinweis, dass der Beschenkte öfter mal etwas weniger reden sollte. Die Birke ist eine Anerkennung für Künstler und Barden. „Von dieser Tradition kommt auch das Sprichwort ,etwas durch die Blume sagen‘“, erklärt Volkmann. „Das ist dann eine richtig gute und befreite Stimmung“, versichert der Oberdruide. „Die Leute blühen, genau wie die Natur erst durch dieses Fest richtig auf und begrüßen so die neue Jahreszeit.“

Linkhinweise

Artikel in der Online-Ausgabe von Extra Tipp

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